LONG RANGE THEORIEKURSUS IM HGC

LONG RANGE THEORIEKURSUS IM HGC

Am 18.Februar 2023 trafen sich 10 Mitglieder im HGC, um die in Ansätzen vorhandenen Kenntnisse im LR-Schießen zu erweitern und zu vertiefen. Die Idee dazu war im letzten Jahr entstanden, da sich bereits beim Schießen  auf 300 m einige Lücken auftaten.

Ich ließ also meine Kontakte zu einem der erfahrensten und erfolgreichsten LR-Trainer in Deutschland spielen und konnte Hermann „Rosi“ Rosenberg für einen Theorielehrgang gewinnen. Der Begriff Theorie wurde teilweise derart ausgedehnt, dass ein Teilnehmer ohne Waffe erschien…. (War allerdings kein Problem, da genügend Waffen von mir gestellt werden konnten.) Selbstverständlich wurden unsere Sportgeräte benötigt, um die teilweise sehr kniffligen Aufgaben lösen zu können, die die Lehrgangsleitung vorgab.

Gemäß Rosis Ansicht, dass nicht das Gewehr das Problem beim Schießen ist, sondern das Zielfernrohr (ZF) (vom Schützen mal ganz zu schweigen), wurden Bau und Funktionsweise eines ZF genauestens erklärt. Dann ging es weiter mit Erläuterungen zu verschiedenen Absehen und vor allem mit der Vertiefung des Entfernungsmessens mithilfe des Absehens. Unterstützt wurde alles durch eine sehr professionelle PP-Präsentation.

Danach wurde die Kommunikation zwischen Spotter und dem Schützen geübt und mittels Übungsaufgaben auf der Leinwand vertieft. Dafür, dass es anfangs ziemlich chaotisch zuging, lief es am Ende – ich sage mal- in geordneten Bahnen. Das wichtigste in meinen Augen war dabei, dass jeder Schütze begann ein Verständnis dafür zu entwickeln, wie die Zusammenarbeit mit dem Spotter laufen sollte. Je weniger dabei gesprochen wird, desto besser für den Erfolg.

Nebenher konnten einige Erfahrungen und Ansichten zum Material (Waffe, ZF, Muni etc.) ausgetauscht werden. Leider konnten wir das erworbene theoretische Wissen nicht gleich am nächsten Tag praktisch umsetzen, da kein geeigneter Schießstand zur Verfügung stand.

Da die Veranstaltung großen Anklang gefunden hat, wird sie kein „Einzelfall“ bleiben und schreit nach einer Wiederholung.

LG

Alfred

 

Ein bisschen wie früher bei der Mathematik-Klassenarbeit. Die Rechenschieber sahen damals aber definitiv noch anders aus.

Michi Schütz berichtet von der IPSC-WM 2022 in Thailand

Wie ich den dritten Platz in der Production Light Division erlangte

 

Am 23. November flog ich mit meinem Sohn Marlon als Assistent, Coach und Fotograf von Hamburg via München nach Bangkok. Beim Ausstieg nach dem sehr langen Flug empfingen uns gefühlt 34 Grad bei 100 Prozent Luftfeuchtigkeit – es schüttete ohne Ende. Wir dachten nur, hoffentlich bleibt das jetzt nicht so die ganzen Tage. Zum Glück hat aber beim Zoll alles super geklappt. Die Thailänder waren bestens darauf vorbereitet, dass 2000 IPSC-Schützen aus 78 Ländern mit ihren angemeldeten Waffen einreisen und diese am Flughafen ausgehändigt bekamen. Nach nur 20 Minuten hatte ich meine ‚Heckler Koch SFP9 L OR’ und wir konnten unseren Leihwagen abholen. Der war mir wichtig, um mich unabhängig zu bewegen, aber auch als Lager für meine gekühlten Gatorade- und Wasserflaschen. Das einzige, woran wir uns dann erstmal gewöhnen mussten, ist der Linksverkehr in Thailand.

Das Hotel hatte ich zudem nicht im quirligen Pattaya gebucht, wo die meisten WM-Teilnehmer wohnten, sondern etwas außerhalb direkt am Strand, um mich dort zwischen den Wettkämpfen in Ruhe entspannen zu können. Das „Sea Sand and Sun Ressort and Villas“ im Vorort Na Jomtien hatte ich mir schon häufiger als eins der besten, die es dort gibt, im Internet angesehen. Es war aber immer gigantisch teuer. Doch beim Buchen des Lufthansa-Flugs wurde es mir zum mega Schnapper-Preis angeboten, war ja in der Regenzeit und nicht zur Hauptsaison. Da habe ich gleich zugeschlagen. Wir hatten eine kleine Villa mit eigenem Pool. Dazu kam ein hervorragendes Fitness-Studio, wo ich jeden Tag noch trainieren konnte, sicheres Essen  und ständig Meeresrauschen im Hintergrund. Natürlich gab es dort auch einen Safe, in dem ich meine Waffen sachgerecht einschließen konnte – also optimale Bedingungen.

 

Am Freitag, den 25. November fuhren wir gleich zur Anmeldung auf die Range. Dort bekam ich meine ID-Card mit Passfoto fürs Betreten des Geländes:

Danach fuhren wir zu einer anderer Shooting-Range zum Training, wo ich mir einen eigenen Schießstand gemietet hatte. Danach gingen wir essen, und dann war es um 18 Uhr auch schon dunkel.

 

Am Samstag, den 26. November fand die große Eröffnungsfeier mit 2000 Teilnehmern in einer großen Halle im „Nongnooch Tropical Garden“ statt. Alle 78 Nationen liefen mit Fahnen ein. Das war echtes Olympia-Feeling:

Im Anschluss gab es ein Sushi-Buffet für alle. In so einer Größenordnung habe ich das noch nie im Leben gesehen – Respekt! Den Rest des Tages verbrachten wir am Strand in unserem Hotel. Denn…

 

am Sonntag, den 27. November war mein erster Schuss schon um 6.30 Uhr. Ursprünglich sollte ich erst Montag schießen. Doch der Plan wurde kurzfristig geändert. Zum Glück hatte ich den Zeitunterschied von sechs Stunden bereits ganz gut weggesteckt. Der Wecker klingelte um 4 Uhr. 15 Minuten später stand ich unter der Außendusche mit Gezwitscher im Dschungel. Das Frühstück kam wie bestellt um 4.30 Uhr aufs Zimmer. Das hat sich seit Jahren bei Wettkämpfen bewährt, um morgens keine wertvolle Zeit am Frühstücksbuffet zu verlieren.

Vor dem Start begutachtete man mit einer Squad aus circa 16 Mann drei bis vier Minuten jede Stage, um für sich die optimale Position auszuloten. Insgesamt waren es immer sechs Stages – alle Ziele darin abzuschießen dauerte zwischen 5 und 40 Sekunden.  Jede einzelne war echt toll und liebevoll aufgebaut. Es gab viele wackelnde schnelle Scheiben, teilweise wackelnde Plates. Einige Ziele hatte ich noch nie im Leben gesehen – echt beeindruckend:

 

Ich bin super in den Wettkampf reingekommen und habe alle Ziele tadellos getroffen. Einziger Nachteil: Gegen 8.30 Uhr kam monsumartiger Regen. Stage 3 und 4 musste ich im strömenden Regen schießen und dachte immer, gleich brechen sie ab. War aber nicht so. Ich konnte meine Visierung nicht mehr sauber sehen, das Wasser lief an der Waffe runter, und es war schon schwierig, die Magazine überhaupt aus dem Magazinschacht herauszubekommen. Dadurch war ich natürlich automatisch drei bis vier Sekunden langsamer als bei strahlendem Sonnenschein. Damit hatte ich ein bisschen zu hadern. Aber so ist das bei einer Weltmeisterschaft. Da heißt es über sechs Tage funktionieren und die Bedingungen meistern, wie sie kommen. Nach dem Regenguss stieg die Temperatur auf 34 Grad und die Luftfeuchte auf gefühlt 150 Prozent.

Dennoch habe ich sauber geschossen, kein Schuss ging daneben, kaum Punktabzug. Letztendlich war ich sehr zufrieden mit meinem Ergebnis. Während des Wettkampfs habe ich sieben Flaschen Gatorade und zwei Eiscappuchinos getrunken – insgesamt 5,5 Liter. Die habe ich aber auch direkt wieder ausgeschwitzt.

Um 11.30 Uhr ging es zurück ins Hotel, wo wir uns den Rest des Tages entspannten, einschließlich leichtem Fitness-Training und Waffenreinigung.

 

Am Montag, den 28. November, hatte ich frei. Für den Wettkampf war das nicht so optimal. Dafür haben Marlon und ich die Elefantenfarm „Pattaya Elephant Sanctuary“ im Dschungel besucht. Die Tiere leben dort frei in einem riesigen Areal und sind von Hand aufgepäppelt, weil sie misshandelt, verletzt oder verlassen wurden. Man kann mit ihnen durch den Dschungel gehen und sogar baden. Das war ein Hammer-Erlebnis:

Sie sind zutraulich, aber eben doch Wildtier, die zwischen vier- und sechstausend Kilo wiegen. Allein deshalb muss man schon sehr vorsichtig bleiben:

 

Am Dienstag, den 29. November war mein erster Schuss um 6.30 Uhr. An diesem Tag herrschte typisches thailändisches Wetter: 35 Grad, strahlender Sonnenschein – der Planet glühte. Die Ziele waren wieder extrem schwierig. Unter anderem gab es eine Halfpipe mit zwei fahrbaren Plates. So etwas hatte ich vorher so noch nie gesehen.

Die ganzen vorherigen Top-IPSC-Schützen haben sehr viele Schüsse darauf abgegeben, bevor die beiden Plates fielen. Darum hatte ich dafür extra einen Magazinwechsel eingeplant, so dass ich mit 15 Schuss an diese letzte Position ging. Tatsächlich habe ich nur zwei Schuss gebraucht. Ich hätte selbst nicht gedacht, dass das so klasse klappt:

Insgesamt war ich wieder mit meinem Ergebnis sehr zufrieden: sauber geschossen, kein miss, ganz wenige Punkte abgegeben und das trotz schwieriger Stages mit vielen schwierigen und beweglichen Zielen. Wichtig war mir vor allem, hoch konzentriert zu bleiben. Für die Verpflegung hatte ich mir belegte Brote und Bananen aus dem Hotel mitgenommen, dazu Powerriegel und Vollkornkekse. Auf der Range habe ich nur Sticky Rice mit Mango gegessen und zusätzlich viele Getränke mit Vitaminen und Mineralien konsumiert. Das Risiko für Magen-Darm-Probleme wollte ich so gering wie möglich halten. Viele Mitstreiter, die die Ernährung oder auch das Trinken vernachlässigten, fielen ganz schnell ab. Tatsächlich wurden zahlreiche Schützen richtig krank: Tagesgrippe, Schwierigkeiten durch die eiskalten Klimaanlagen, Magendarm-Probleme durch das Essen. Es war gang und gäbe, dass immer mal einer für einen Tag ausfiel.

Um 18.30 Uhr waren wir zurück im Hotel. Da war es auch schon wieder dunkel. Nur noch duschen, kurz ins Fitnessstudio für lockeres Kraft-Ausdauer-Training, Dehnen, Massage, um die Muskulatur zu lockern. Dann gegessen, Waffe gereinigt und ins Bett.

 

Am Mittwoch, den 30. November startete ich spät um 12.30 Uhr – alles lief super wie die Tage zuvor.

 

Donnerstag, der 1. Dezember, war der letzte Wettkampftag. Ich hatte extra nicht auf die Ergebnisliste geguckt, um mich nicht zusätzlich unter Druck zu setzten. Ich wollte ganz entspannt bleiben. Mein Ziel: fünf Tage so sauber wie möglich zu schießen. Dann bekam ich eine Nachricht von jemandem, der den ganzen Wettkampf online verfolgt hatte: “Michi, du musst so weiter schießen. Du bist ganz vorne.“ Und ich dache nur: “Oh nein! Genau das wollte ich nicht hören.“ Also war klar: volle Konzentration, kein Risiko eingehen, einfach auch am fünften Tag exakt so weitermachen wie bisher. Es lief wieder tadellos, bis an der drittletzten Stage mit einer extrem schwierigen wackelnden, laufenden Halb-Scheibe, die zusätzlich noch mit einem Penalty-Target verdeckt war. Da habe ich mir leider einen Miss gegönnt. Darauf folgten noch zwei sehr schwere Stages, bei denen ganz viele daneben schossen. Dafür habe ich mich nochmal ganz besonders konzentriert – und es hat absolut tadellos funktioniert. Mein persönliches Fazit gleich nach dem Wettkampf: Von meinen knapp 700 Schuss ist nur ein einziger daneben gegangen und das bei einer extrem schwierigen Scheibe.

 

Am Samstag, den 3. Dezember erfuhr ich, dass ich den dritten Platz in der Production Light Division bei den Senioren gemacht habe und am Shoot Off der acht besten Schützen teilnehme. Das heißt, schießen Mann gegen Mann auf sechs Stahlziele auf speziellen Bühnen:

Vor dem letzten Stahl, dem sogenannten Stop-Stahl, musste ein Magazinwechsel gemacht werden. Dabei herrschte eine mega Stimmung, und das ist der Traum eines jeden ISPC-Schützen, bei so einem großen Wettkampf im Shoot Off zu sein. Ich habe es bis ins Halbfinale geschafft und nur haarscharf verloren. Der andere Schütze und ich schossen gleichzeitig auf das Stahlziel – aber seines war einen Tick eher unten:   

Abends fand dann die Siegerehrung in der Halle mit 2000 Mann und einer gigantischen Bühne statt. Die Veranstaltung wurde life im Fernsehen übertragen. Es war einfach fantastisch vor so großem Fachpublikum auf die Bühne zu gehen und für den dritten Platz  mit der deutschen Fahne aufs Treppchen zu steigen, um die Medaille entgegen zu nehmen – und nicht etwa als Vierter unten bleiben zu müssen. Den 1. Platz in meiner Kategorie machte Ernest Nagi aus der Slowakei und den 2. Platz Johann Abanilla von den Philippinen:

 

Danach gab es wieder ein riesiges Buffet. Wir sind jedoch direkt ins Hotel gefahren, weil Marlon in der Nacht eine Magenverstimmung bekommen hatte. Er stand aber tapfer die Siegerehrung durch und hat Fotos gemacht:

 

Meine Hochachtung gilt aber auch der thailändischen Organisation. Selbst in der Mittagspause, wenn nicht geschossen wurde, haben sie die Stages wieder perfekt hergestellt, so dass man nicht erkennen konnte, dass am Vormittag etwa 100 Mann über diese Area gelaufen sind. Nur für die WM wurde sogar ein thailändischer Supermarkt auf dem Gelände aufgebaut.

Nach der WM haben wir noch ein paar Tage Urlaub drangehängt: ausschlafen, dann Pattaya, Tempel und Thaibox-Kämpfe angeguckt, Jetski gefahren, am Strand gechillt.

Als wir am 8. Dezember in Hamburg landeten, erlebten wir einen Temperaturunterschied von 40 Grad. Drei Tage später bekam ich eine Grippe und lag eine Woche flach. Mein Trost war: Besser so, als im Wettkampf.